Ungleichbehandlung ist
gut für uns alle

BARMER setzt sich für Gendermedizin ein.
Marcel Küsters, Geschäftsführer der BARMER in Mönchengladbach Foto: BARMER
Austherapiert? Nicht unbedingt. Dr. med. Gerald Köhler, Sektionsleiter Wirbelsäulenchirurgie, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, erklärt, wie die Hochfrequenztherapie bei chronischen Rückenschmerzen helfen kann. Foto: Kliniken Maria Hilf
Wir sind nicht alle gleich – jeder Mensch ist einzigartig. Das haben wir alle schon oft gehört. Aber wenn es um unsere Gesundheit geht, steckt viel mehr dahinter, als man zunächst vermutet. Denn wie wir krank werden und wie die beste medizinische Behandlung für jeden einzelnen Menschen aussieht, hängt von vielen Faktoren ab. Nicht zuletzt spielt dabei unser Geschlecht eine Rolle. Männer, Frauen und diverse Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse, wenn es um ihre Gesundheitsversorgung geht. Geschlechtsspezifische Unterschiede werden dabei aber bisher noch viel zu wenig berücksichtigt.

Beispielsweise ist in der medizinischen Forschung und Lehre der „Durchschnittsmensch“ in der Regel immer noch männlich. Die Gendermedizin sieht das anders: Sie berücksichtigt geschlechtsspezifische Unterschiede und will dadurch die Gesundheitsversorgung für alle Menschen verbessern. Deshalb setzt die BARMER sich für geschlechtersensible Medizin ein. Bereits seit Jahren rückt Deutschlands zweitgrößte Krankenkasse das Thema mit der Kampagne #Ungleichbehandlung in den Fokus. „Wir orientieren uns in der Medizin generell zu stark an einem Durchschnittsmenschen, den es so nicht gibt“, sagt Marcel Küsters, Geschäftsführer der BARMER in Mönchengladbach. Die Studienlage zu diesem Thema sei eindeutig: Es gibt zahlreiche geschlechterspezifische Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Und diese Unterschiede beeinflussen, wie Erkrankungen entstehen, diagnostiziert werden, verlaufen und behandelt werden. „Frauen sind eben keine kleineren, leichteren Männer“, macht Küsters deutlich.

Die Gendermedizin berücksichtigt die Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Und zwar nicht nur in biologischer Hinsicht, sondern auch mit Blick auf sozialpsychologische Unterschiede – also auf das Verhalten von Menschen in ihrem sozialen Kontext. Die Gendermedizin wird daher auch geschlechtssensible Medizin genannt. Das Geschlecht eines Menschen ist mitverantwortlich dafür, wie wahrscheinlich sich bestimmte Erkrankungen entwickeln, mit welchen Symptomen sich Krankheiten äußern und wie die beste Behandlung aussieht. Küsters: „Vor ­allem das Gesundheitswesen muss sich stärker mit dem Thema Geschlechtermedizin auseinandersetzen.“ Für Ärztinnen und Ärzte bedeutet das zum Beispiel, dass sie sich dem Thema schon im Medizinstudium systematisch annähern. Momentan werden geschlechtsspezifische Unterschiede in der medizinischen Lehre nach Ansicht der BARMER nur punktuell behandelt und nur wenige deutsche Fakultäten und Lehrbücher setzen sich systematisch und umfangreich mit der Problematik auseinander. Das ändere sich glücklicherweise: Ab dem Jahr 2025 gelte ­eine neue Approbationsordnung, die geschlechtsspezifische Unterschiede in den Lehrplänen des Medizinstudiums verankert. „Männer und Frauen können Krankheiten unterschiedlich erleben. Ärztinnen und Ärzte werden in ihrer Ausbildung aber noch nicht ausreichend zu geschlechterspezifischen Unterschieden geschult, wodurch Diagnosen in einigen Fällen erst verzögert gestellt werden“, sagt Marcel Küsters. Die Ursache dafür liege in einer Datenlücke, die lange Zeit in der medizinischen Forschung bestanden ­habe. In vielen Studien seien bis in die 1990er Jahre Männer der Standard gewesen, der teilweise auf Frauen übertragen worden sei. Immer noch würden daher Symptome, die häufiger bei Frauen auftreten, manchmal nicht als spezifisch für Frauen, sondern als unüblich beschrieben.

„Ein Beispiel sind Herzinfarkte und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die lange als typische Männerkrankheiten galten“, so Küsters. „Es stimmt zwar, dass Frauen seltener Herzinfarkte haben als Männer. Aber sie sterben häufiger daran.“ Das mache es umso wichtiger, dass sich nicht nur Ärztinnen und Ärzte mit geschlechtsspezifischen Unterschieden von Krankheiten auseinandersetzen. „Auch wir selbst als Patientinnen und Patienten sollten sie kennenlernen.“ So seien Atemnot, Rückenschmerzen und kalter Schweiß drei typische Symptome, die bei Frauen mit Herzinfarkt häufiger vorkommen als bei Männern. „Frauen und Männer haben unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Erkrankungen. Das kann biologisch bedingt sein“, so der BARMER-Geschäftsführer. Alles in allem gibt es also viele Gründe, das Thema Gendermedizin zu forcieren. „Als wichtiger Baustein individualisierter Behandlung ist die Genderforschung Voraussetzung, um allen Geschlechtern die für sie beste Gesundheitsversorgung anbieten zu können. Dafür machen wir uns als BARMER stark.“
BARMER
Zu den Themen Ungleichbehandlung und Gendermedizin hat die BARMER einen Schwerpunkt auf ihrer Homepage:
www.barmer.de/a006985.