Die Herdenimmunität in Deutschland ist ein ehrgeiziges Ziel. Liegt die Impf-quote bei rund 80 Prozent, ist ein Anfang gemacht. Foto: Peter H. / pixabay
Impfungen werden zum individuellen Nutzen des Geimpften verabreicht, das ist jedem bewusst. Doch sie haben auch eine wichtige Bedeutung für die Gemeinschaft. Herdenimmunität bedeutet, dass immune Menschen die nichtimmunen in einer Bevölkerung gegen einen Erreger schützen können.
Manche Impfungen, zum Beispiel gegen Tetanus oder FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis), schützen nur den Geimpften, da die Erreger nicht von Mensch zu Mensch übertragen werden. Anders sieht es aus bei Erregern, bei denen der Mensch der überwiegende oder einzige Überträger ist. Hier schwächt der erfolgreich Geimpfte die Infektionskette, denn von ihm können keine Erreger mehr weitergetragen werden. Ein Beispiel: Wer die Masern hatte oder dagegen geimpft wurde, ist immun und kann den Er-reger nicht mehr verbreiten. So werden indirekt auch diejenigen geschützt, die zum Beispiel wegen einer Krebstherapie keine Masern-Impfung erhalten können oder noch zu jung für eine Impfung sind. Die Übertragung des Erregers wird durch hohe Impfraten unterbunden, die Epidemie ebbt ab.
Doch wie viele Menschen müssen geimpft werden, bis eine Herdenimmunität erreicht ist und die Infektionswelle unterbrochen wird? Das hängt von vielen Faktoren ab, etwa von der Ansteckungsfähigkeit eines Erregers: je ansteckender, desto höher müssen die Impfraten sein. Bei Masern als einer der infektiösesten Krankheiten, die wie kennen, müssen 95 Prozent der Bevölkerung zweimal geimpft bzw. immun sein. Bei der weniger ansteckenden Diphtherie sind es nur ca. 80 Prozent, die geschützt sein müssen. Die Herdenimmunität zu erreichen, ist also nicht ganz einfach, und auch danach ist die Pandemie wahrscheinlich nicht sofort vorbei.
Lothar Wieler, der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), hat am 7. Mai 2021 folgendes Rechenexempel aufgestellt: „Um den R-Wert weiter unter 1 zu halten, muss der Anteil der immunen Personen in der Bevölkerung, entweder durch eine vollständige Impfung oder durch eine durchgemachte Infektion plus Impfung, bei der vorherrschenden Virusvariante B 1.1.7 deutlich über 80 Prozent liegen.“
Zum Anfang der Pandemie war man noch von 60 bis 70 Prozent ausgegangen, doch die erstmals in Großbritannien aufgetretene Variante B 1.1.7 ist viel ansteckender als die ursprüngliche Sars-Cov-2-Variante. Ihr R-Wert liegt nicht bei rund 3, sondern bei 4, das heißt: 100 Infizierte stecken im Schnitt 400 weitere an. Aktuell kann ein großer Teil der Bevölkerung noch nicht geimpft werden und trägt damit kurzfristig auch nicht zur Herdenimmunität bei. Manche Menschen können sich auch aus gesundheitlichen Gründen auch gar nicht impfen lassen oder haben Bedenken, sich impfen zu lassen. Das wiederum bedeutet, dass die Impfquote bei den Bevölkerungsgruppen, die sich impfen lassen können, sogar noch höher als 80 Prozent liegen müsste.
Doch auch wenn Deutschland die Herdenimmunität erreichen sollte, ist das Virus dadurch nicht ausgerottet. Wenn in anderen Ländern die Pandemie nicht unter Kontrolle ist, besteht weiterhin das Risiko für ansteckendere Varianten des Virus oder solche, gegen die möglicherweise der Impfstoff nicht wirkt. (Quelle: Dt. Grünes Kreuz)